Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch nicht im Krankenhaus angestellte Honorarärzte ist unzulässig

Die Frage, ob ein im Krankenhaus nicht fest angestellter Honorararzt seine operative Tätigkeit gegenüber Privatpatienten als Wahlleistung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) erbringen und entsprechend einer individuellen Vergütungsabrede gesondert abrechnen kann, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.10.2014 zu Lasten des Arztes verneint.

Der beklagte niedergelassene Facharzt für Neurochirurgie hatte mit dem Träger eines Krankenhauses eine Kooperationsvereinbarung über seine Tätigkeit als Honorararzt geschlossen. Im Jahre 2010 hat er die bei der klagenden privaten Krankenversicherung versicherte Patientin zunächst behandelt und dann im Krankenhaus operiert. Vor der Aufnahme im Krankenhaus unterzeichnete die Patientin eine von dem Beklagten vorgelegte „Vereinbarung über Behandlung gegen Privatrechnung“, in der sie sich mit einer privaten Abrechnung derärztlichen Leistung durch den Beklagten einverstanden erklärte. Mit dem Krankenhausträger schloss die Patientin eine Wahlleistungsvereinbarung ab, in der der Beklagte nicht aufgeführt wurde. Die klagende Krankenversicherung erstattete ihrer Versicherungsnehmerin den an den Beklagten bezahlten Rechnungsbetrag und ließ sich etwaige Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten abtreten, die sie gerichtlich geltend gemacht hat. Das Amtsgericht hat den beklagten Arzt in erster Instanz zur Honorarrückzahlung verurteilt. Dessen Berufung hatte vor dem zuständigen Landgericht auch in zweiter Instanz keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat nun auf die durch den Beklagten eingelegte Revision hin das landgerichtliche Urteil bestätigt.

Aus Sicht des Bundesgerichtshofes ist eine Rechtsgrundlage für die Honorarzahlung der Patientin nicht gegeben, so-Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch nicht im Krankenhaus angestellte Honorarärzte ist unzulässig dass der beklagte Arzt gemäß § 812 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des unrechtmäßig erhaltenen Honorars verpflichtet ist. Ein Vergütungsanspruch ergibt sich weder aus der Wahlleistungsvereinbarung noch aus der mit der Patientin individuell geschlossenen „Vereinbarung über Behandlung gegen Privatrechnung“.

In der Wahlleistungsvereinbarung ist der beklagte Arzt weder als Wahlarzt noch als gewünschter Stellvertreter des Wahlarztes angegeben. Auch eine Erstreckung der Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses - sogenannte Wahlarzt- oder Liquidationskette - ist vorliegend nicht gegeben. Der Beklagte war auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung als Honorararzt tätig und ist somit weder Beamter noch Angestellter des Krankenhauses. Ebenso wenig hat der Beklagte seine ärztlichen Leistungen auf Veranlassung eines angestellten oder beamteten Krankenhausarztes mit eigener Liquidationsberechtigung erbracht. Hiernach besteht kein Zahlungsanspruch gemäß § 17 KHEntgG im Zusammenhang mit der Wahlleistungsvereinbarung.

Aber auch aus der mit der Patientin individuell getroffenen Vereinbarung kann kein Anspruch hergeleitet werden, da diese Vereinbarung wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig ist. Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG enthält eine abschließende Regelung zum Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte. Diese gesetzliche Vorschrift dient dem Schutz des Privatpatienten, sodass hiervon auch nicht im Wege einer individuellen Vergütungsabrede zwischen dem behandelnden Arzt und der Patientin abgewichen werden kann (BGH, Urteil vom 16.10.2014, Az.: III ZR 85/14).

Praxistipp: Eine Liquidationsberechtigung hinsichtlich erbrachter Wahlleistungen durch einen Honorararzt kann nur durch entsprechende Veranlassung der Leistungserbringung durch einen angestellten oder beamteten Arzt des Krankenhauses mit eigener Liquidationsberechtigung herbeigeführt werden. Dabei ist die mindeste Voraussetzung, dass der Honorararzt als gewünschter Stellvertreter des Wahlarztes in der Wahlleistungsvereinbarung aufgeführt wird. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass das Krankenhaus gem. § 2 KHEntgG Dritte nur im Einzelfall und wenn dies zur ausreichenden Versorgung notwendig ist, hinzuziehen darf. Unterhält das Krankenhaus eigene Haupt- und Belegabteilungen, müssen die Leistungen jedenfalls im Schwerpunkt durch die angestellten oder beamteten Krankenhausärzte oder Belegärzte erbracht werden. Ein gangbarer Weg ist die Teilanstellung, wobei niedergelassene Vertragsärzte einer Stundenzahlbegrenzung unterliegen. Ohne Begründung eines Anstellungsverhältnisses besteht das Risiko einer sogenannten Scheinselbständigkeit.

Fazit: Es handelt sich bei der Tätigkeit von Honorarärzten in Krankenhäusern um einen komplexen Sachverhalt, der im jeweiligen Einzelfall auf seine rechtliche Zulässigkeit überprüft werden sollte, um Rückzahlungsforderungen und Verstöße gegen berufsrechtliche und vertragsarztrechtliche Verpflichtungen auszuschließen.

Ihre Tiefenbacher Rechtsanwälte
Team Medizinrecht

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