Der Entwurf des neuen Bürokratieentlastungsgesetzes IV – Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Praxis

Die Bundesregierung hat am 13.03.2024 den vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten Entwurf eines „Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ (sog. Bürokratieentlastungsgesetz IV) beschlossen. Die Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats gilt als wahrscheinlich. Daher möchten wir Ihnen bereits jetzt die möglichen Auswirkungen des Gesetzes auf die arbeitsrechtliche Praxis zusammenfassen, wobei die einzelnen Gesetzesänderungen stufenweise in Kraft treten werden:

I. Abschluss von Arbeitsverträgen mittels elektronischer Form - (Inkrafttreten: voraussichtlich 3. oder 4. Quartal 2024)

Arbeitsverträge müssen auch derzeit nicht schriftlich abgefasst werden. Allerdings ist nach dem seit dem 01.08.2022 geltenden Nachweisgesetz (NachwG) vorgeschrieben, dass Arbeitnehmern die wesentlichen Arbeitsbedingungen vom Arbeitgeber schriftlich nachgewiesen werden. In der Praxis werden daher Arbeitsverträge in der Regel schriftlich geschlossen.

§ 2 Absatz 5 des NachwG wird künftig vorsehen, dass die Arbeitsbedingungen auch in einer der Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form nachgewiesen werden können. Zukünftig wird es daher ausreichend sein, einen in elektronischer Form geschlossenen Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer lediglich im ausdruckbaren Format zu übermitteln. Entsprechendes gilt auch für elektronisch geschlossene Änderungsverträge gemäß § 3 NachwG n.F.

Ausgenommen von der neuen Regelung sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, namentlich das Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe, Speditions-, Transport- und damit verbundenes Logistikgewerbe, Schaustellergewerbe, Unternehmen der Forstwirtschaft, Gebäudereinigungsgewerbe, Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen, Fleischwirtschaft, Prostitutionsgewerbe, Wach- und Sicherheitsgewerbe.

II. Beendigung unterliegt weiterhin der Schriftform

Unberührt bleibt Schriftformerfordernis bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Nach § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedarf die Kündigung oder Aufhebung von Arbeits- bzw. Dienstverhältnissen weiterhin zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form bleibt auch nach Inkrafttreten des Bürokratieentlastungsgesetzes IV ausgeschlossen.

III. Flexibilisierung im Bereich der Elternzeit - (Inkrafttreten: voraussichtlich 1. Mai 2025)

Der Antrag von Arbeitnehmern auf Teilzeit in Elternzeit und der Antrag auf Elternzeit an sich können künftig gegenüber dem Arbeitgeber in Textform geltend gemacht werden. Die bisher für die Geltendmachung dieser Ansprüche vorgegebene Schriftform wird abgeschafft. Spiegelbildlich kann der Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit oder deren Verteilung mit Begründung künftig auch in Textform ablehnen.

IV. Elektronische Arbeitszeugnisse - (Inkrafttreten: voraussichtlich 3. oder 4. Quartal 2024)

Das Verbot der Zeugniserteilung in elektronischer Form soll aus § 630 BGB und § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) gestrichen werden. Allerdings bleibt das Recht der Arbeitnehmer aus § 109 Absatz 1 Satz 1 GewO auf ein schriftliches Arbeitszeugnis von der Gesetzesnovelle unberührt. Macht ein Arbeitnehmer diesen Anspruch geltend, so muss der Arbeitgeber auch weiterhin das Arbeitszeugnis schriftlich ausstellen.

V. Digitalisierung von Aushängen - (Inkrafttreten: voraussichtlich 3. oder 4. Quartal 2024)

Unterlagen und Dokumente, die nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) bisher an geeigneter Stelle im Betrieb oder in der Dienststelle zur Einsicht auszulegen bzw. auszuhängen waren, können den Arbeitnehmern zukünftig auch „über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik“, also auch digital, zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt beispielsweise für die in einem Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen. Nunmehr genügt für die Bekanntgabe die Bereitstellung der Unterlagen im Intranet oder in einer Unternehmens-App, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu diesen Informationen haben.

VI. Digitalisierung im Anwendungsbereich des Heimarbeitsgesetzes - (Inkrafttreten: voraussichtlich 3. oder 4. Quartal 2024)

Die bisher gemäß § 6 Heimarbeitsgesetz halbjährlich zu erstellende und an die Oberste Arbeitsbehörde bzw. an die von ihr bestimmte Stelle zu übersendende Liste zur Beschäftigung in Heimarbeit soll künftig auch elektronisch übermittelt werden können. Das Erfordernis, jeweils drei physische Abschriften der Liste einzusenden, fällt dementsprechend weg.

Wir werden Sie selbstverständlich informieren, wenn die vorstehenden Änderungen tatsächlich in Kraft treten und sind gespannt, ob die Bürokratieerleichterungen zu Veränderungen in der arbeitsrechtlichen Praxis und in der Personalarbeit führen. Gerne bleiben wir hierzu mit Ihnen in einem lebhaften Austausch. Des Weiteren steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam auch für Rückfragen zur Verfügung.

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