Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der Leistungsabrechnungen in einer Berufsausübungsgemeinschaft

Eine gewissenhafte, peinlich genaue Leistungsabrechnung gehört bekanntlich zu den Grundpflichten eines Vertragsarztes. Da das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung auf Vertrauen aufbaut und das Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben der Leistungserbringer ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung darstellt, kommt dieser Pflicht ein höher Stellenwert zu. Jeder einzelne Vertragsarzt ist grundsätzlich verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das in die Richtigkeit seiner Abrechnung gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist jeder Vertragsarzt für die korrekte Abrechnung seiner Leistungen selbst verantwortlich. Insbesondere entlastet es den Vertragsarzt nicht, wenn und soweit er sich bei der Abrechnung personeller und/oder technischer Hilfe bedient.

Dabei spielt es in Bezug auf die dem Vertragsarzt obliegenden Pflichten keine Rolle, welcher Personen er sich in welchem Umfang hierzu bedient.

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 28.09.2016, Az. B 6 KA 14/16 B, über die Auswirkung der Übertragung der Abrechnung auf eines der Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft in Bezug auf die grundsätzliche Verantwortlichkeit des einzelnen Arztes hat, entschieden. 

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt stand eine Disziplinarmaßnahme der Kassenärztlichen Vereinigung im Streit. Die Klägerin war mit ihrem Ehemann in Gemeinschaftspraxis tätig, bis diesem bestandskräftig die Zulassung entzogen wurde. Seitdem praktiziert sie in Einzelpraxis. Der Ehemann der Klägerin war wegen Abrechnungsbetruges zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf Bewährung, verurteilt worden. Gegen die Klägerin selbst war das Ermittlungsverfahren eingestellt worden, da der Nachweis einer Kenntnis von der falschen Abrechnung nicht geführt werden konnte.

Die Kassenärztliche Vereinigung hat gleichwohl gegen die Klägerin eine Geldbuße von 3.000,00 EUR verhängt. Klage und Berufung hiergegen waren erfolglos geblieben.

Auch das Bundessozialgericht hat die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen. Aus Sicht des Bundessozialgerichtes entfällt die grundsätzliche Verantwortlichkeit des einzelnen Arztes für die Richtigkeit seiner Abrechnung nicht dadurch, dass die Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft die Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen auf eines ihrer Mitglieder übertragen haben. 

Grundsätzlich ist die Übertragung der den einzelnen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft persönlich obliegenden Aufgabe der Leistungsabrechnung auf ein Mitglied zulässig. Die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft haben in diesem Falle aber durch geeignete Überprüfungsmaßnahmen sicherzustellen, dass sie ihrer eigenen Verantwortung weiterhin gerecht werden. Hierfür spricht auch, dass eine Haftung im Falle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen oder für andere gegenüber der Berufsausübungsgemeinschaft bestehende Forderungen nicht allein die Gemeinschaft trifft, sondern daneben eine Einstandspflicht der einzelnen Gesellschaft besteht.

Weiterhin weist das Bundessoziagericht darauf hin, dass sich die Intensität der vertragsärztlichen Pflichten nicht danach richtet, in welchem Verhältnis die Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft zueinander stehen. Auch wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis, sei es aufgrund einer Lebensgemeinschft oder sonstigen freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Beziehung, besteht, entbindet dies die Mitglieder nicht von ihren Überwachungspflichten im Hinblick auf die Richtigkeit der Abrechnungen.

Praxistipp

Soweit im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft die Abrechnung einem der Gesellschafter übertragen wird, müssen geeignete Überprüfungs- und Überwachungsmaßnahmen getroffen werden. Die Abrechnungen sind regelmäßig vor Unterzeichnung im Hinblick auf Abrechnungsgesichtspunkte ggf. zu hinterfragen und auf Plausibilität zu prüfen, z. Bsp. indem das die eigenen Leistungen betreffende Gesamtergebnis mit der Anzahl der im Quartal behandelten Patienten und dem durchschnittlichen Fallwert überschlägig abgeglichen wird. Zudem sollten Abrechnungen einzelner Patienten stichprobenartig überprüft werden. Anderenfalls droht eine Mithaftung für eine fehlerhafte Abrechnung.

Ihre

Tiefenbacher Rechtsanwälte
Team Medizinrecht

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