Widerrufsrecht gilt nicht für Fertigarzneimittel!

Bei Fernabsatzverträgen, zu denen grundsätzlich auch online geschlossene Verträge wie beim Versandhandel gehören, haben Verbraucher gemäß §§ 312d Abs. 1, 355 BGB ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen. Ausnahmen hiervon sind in § 312d Abs. 4 BGB gesetzlich geregelt. Hiernach besteht ein Widerrufsrecht unter anderem nicht für die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten wurde.

Das Amtsgericht Köln hatte hierzu im Jahr2008 bereits entschieden, dass ein Medikament keine besondere Beschaffenheit aufweise, die es zur Rücksendung ungeeignet macht. Eine fehlende Eignung sahen die Richter seinerzeit auch nicht darin, dass ein Medikament vor der Rücksendung gefahrbringenden Manipulationen ausgesetzt sein könnte.

In dem nun durch das Landgericht Halle mit Urteil vom 08.01.2013, Az.: 8 O 105/12, entschiedenem Fall hatte eine Versandapotheke in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Widerrufsrecht für Rezeptur- und Fertigarzneimittel ausgeschlossen. Ein Verbraucherschutzverein hatte den Widerrufsausschluss als wettbewerbswidrig angesehen und geklagt.

Nach Ansicht der Hallenser Richter sind individuell hergestellte Rezepturarzneimittel unzweifelhaft nach Kundenspezifikationen angefertigt bzw. auf persönliche Bedürfnisse zugeschnitten. Zudem sahen die Richter aus Gründen der Arzneimittelsicherheit auch Fertigarzneimittel als zur Rücksendung nicht geeignet an. Der in § 312d Abs. 4 Ziffer 1 BGB geregelte Ausnahmefall der fehlenden Eignung stelle weniger auf eine technische Unmöglichkeit sondern mehr auf eine Unzumutbarkeit aus rechtlichen Gründen ab. Eine Veräußerung von Fertigarzneimitteln nach Rücksendung durch den Verbraucher sei zwar gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dafür spreche aber insbesondere § 7b der Betriebsordnung für Arzneimittelhandelsbetriebe. Hiernach ist der Arzneimittelgroßhandel verpflichtet, zurückgenommene Arzneimittel getrennt zu lagern, als „nicht verkehrsfähig“ zu kennzeichnen, abzusondern und zu vernichten, soweit der Zurückgebende keine Angaben zur Verkehrsfähigkeit macht. Dies müsse entsprechend auch für Apotheken gelten, da die fachgerechte Lagerung bei privaten Endverbrauchern noch weniger gewährleistet ist als im Großhandelsbereich und Verbraucher zudem keine verlässlichen Angaben zur Verkehrsfähigkeit der zurückgegebenen Arzneimittel machen können.

Im Ergebnis hat das Landgericht Halle mit seinem Urteil den Ausschluss des Widerrufsrechtes für Rezeptur- und Fertigarzneimittel in den AGB der Versandapotheke bestätigt. Auch ohne ausdrückliche Regelung in den AGB ist das Widerrufsrecht für Rezeptur- und Fertigarzneimittel gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB nach der Auslegung dieser Vorschrift durch das Landgericht Halle ausgeschlossen.

Grit Hofmann
Rechtsanwältin

zurück