Mitbestimmung des Betriebsrats beim Facebook-Auftritt des Arbeitgebers

Liebe Leserin,
lieber Leser,

Werbung und Auffindbarkeit in sozialen Netzwerken ist für viele Unternehmen mittlerweile selbstverständlich und für eine effektive Öffentlichkeitsarbeit oder Marketing unerlässlich. Schließlich bietet solch ein Internetauftritt nicht nur die Möglichkeit, das Unternehmen darzustellen, sondern dient vor allem auch der Kundenansprache und Interaktion. Ein derartiger Kommunikationskanal kann mitunter jedoch auch unangenehme Seiten haben, denn nicht jeder Kunde ist voll des Lobes. Rechtlich schwierig werden diese Kommentare dann, wenn sie sich auf die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern beziehen.

Solche kritischen Kommentare in sozialen Netzwerken waren nun auch Inhalt eines Beschlusses des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. Dezember 2016. Hierin ging es um die Frage, ob dem Betriebsrat Mitbestimmungsrechte beim Betrieb einer Facebook-Seite durch den Arbeitgeber zustehen. 

Der Antragsteller ist ein Konzernbetriebsrat bei der Arbeitgeberin, einem Transfusionszentrum mit ca. 1.300 Arbeitnehmern. Im April 2013 eröffnete die Arbeitgeberin bei der Internetplattform Facebook verschiedene Seiten, ohne den Betriebrat hierüber zu informieren. Im Rahmen dieser Internetauftritte wird es Facebook-Nutzern ermöglicht, Kommentare (sog. Postings) abzugeben, die dann auf einer virtuellen Pinnwand eingestellt werden und von allen Facebook-Nutzern angesehen bzw. weiterkommentiert werden können. Die Arbeitgeberin hatte bei den von ihr durchgeführten Blutspendeterminen Flugblätter ausgelegt, die die Spender auf den Facebook-Auftritt hinwiesen.

Noch am gleichen Tag stellte ein Blutspender einen kritischen Kommentar auf der Pinnwand der Facebook-Seite ein, der wörtlich wie folgt lautete: "Ich war am 14.4.2013 in N. mein kostbares abzapfen lassen. Gehe schon spenden seit ich 18 bin. Muss aber sagen die gestern die Nadel gesetzt hat, solle es noch lernen. Stechen kann die nicht." Daraufhin folgten weitere kritische Kommentare auf der Pinnwand der Arbeitgeberin zu den Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer.

Nachdem einige Mitarbeiter Bedenken am Betrieb der Facebook-Seite angemeldet haben und sich an den örtlichen Betriebsrat wendeten, reklamierte der Konzernbetriebsrat die Verlesetzung seiner Mitbestimmtungsrechte. Der Betriebsrat machte geltend, dass die Arbeitgeberin mit den von Facebook bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen könne. Unabhängig davon könnten sich Nutzer durch Postings zum Verhalten oder der Leistung von Arbeitnehmern öffentlich äußern.

Hatte die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, ein solches Mitbestimmungsrecht noch verneint, entschied nun das Bundesarbeitsgericht im Wesentlichen zu Gunsten des Konzernbetriebsrates. Grundlage für das Mitbestimmungsrecht seit der " 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), welcher dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der "Einführung und Anwendung von technichten Einrichtungen gibt, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen".

Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass soweit der Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite für andere Facebook-Nutzer die Veröffentlichung von Arbeitnehmerbewertungen in Form von sog. Postings, die sich nach ihrem Inhalt auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Arbeitnehmer beziehen, ermöglicht, die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt.

Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sei es, Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durch Verwendung anonymer technischer Kontrolleinrichtungen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung des Betriebsrates zuzulassen. Die sonst auf technischem Weg erfolgte Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über den Arbeitnehmer birge die Gefahr in sich, dass in dessen Persönlichkeitsbereich eingedrungen wird und dass der Arbeitnehmer zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht wird, der er sich nicht entziehen kann. Im Übrigen bestehe auch die Gefahr, dass die Informationen objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen der Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen. Auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers komme es im Rahmen dieser Norm allerdings nicht an. 

Praxistipp

Die hier besprochene Entscheidung zeigt einmal mehr, dass es bezüglich der Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Internetpräsenz auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes lässt sich aber auch entnehmen, dass ein Internetauftritt ohne Interaktionsmöglichkeit betriebsverfassungsrechtlich wohl nicht zu beanstanden und aich nicht mitbestimmungspflichtig ist. 

Unabhängig von der vorgenannten Entscheidung gelten natürlich auch in Unternehmen ohne Betriebsrat das Datenschutzgesetz und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer. Dies bedeutet, dass Fotos, Filme oder Aufnahmen von Arbeitnehmern im Internet generell vom Arbeitnehmer freigegeben werden müssen. Der Arbeitnehmer muss der Nutzung von eigenen Fotos durch den Arbeitgeber daher ausdrücklich zustimmen.

Mit besten Wünschen für einen erfolgreichen Start in das neue Jahr und freundlichen Grüßen aus Heidelberg

Ihr Arbeitsrechtsteam
Tiefenbacher

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